WCAG 2.2 vor der Tür  

Der neue Entwurf des Webstandards für digitale Barrierefreiheit kann jetzt kommentiert werden

Screenshot: Titelzeile des WCAG 2.2 Working Draft

Am 13.05.2021 wurden die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.2 von der Accessibility Guidelines Working Group (AGWG) des W3C zur Kommentierung freigegeben. Die Änderungen umfassen gegenüber der Vorgängerversion – den WCAG 2.1 – im Wesentlichen neun neue Erfolgskriterien. Kommentiert können die Ergänzungen bis zum 04.06.2021.

Hinweis: Dieser Beitrag wurde in 2023 neu veröffentlicht.

Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 sind ein aktueller Webstandard für digitale Barrierefreiheit und wurden 2018 vom W3C veröffentlicht. Die WCAG 2.1 haben die Vorgängerversion aus 2008, die WCAG 2.0, um 17 neue Kriterien erweitert. Die WCAG 2.2 ergänzt wiederum die WCAG 2.1 um neun weitere Kriterien. Insgesamt wird die WCAG 2.2 87 Erfolgskriterien umfassen.

Informationen zu den WCAG 2.2 sind zu finden auf:

Neue Erfolgskriterien

Die neun neuen Erfolgskriterien verteilen sich auf verschiedene Richtlinien der WCAG 2.2. Sie betreffen verschiedene Nutzergruppen.

Tastaturnutzung

Vor allem für den Zugang per Tastatur gibt es zwei neue Erfolgskriterien in Richtlinie 2.4. Es geht um einen Aspekt:

  • 2.4.11 Focus Appearance (Minimum) (AA) – Der Helligkeitsunterschied zwischen fokussiertem und nicht fokussiertem Zustand einer Komponente muss mindestens 3:1 betragen.
  • 2.4.12 Focus Appearance (Enhanced) (AAA) – Auf Konformitätsstufe AAA werden im Vergleich zu Erfolgskriterium 2.4.11 erhöhte Helligkeitsunterschiede von 4,5:1 verlangt.

Allgemeine Eingabemöglichkeiten

Einige Aspekte betreffen die Eingabe, die für verschiedene Nutzergruppen eine Barriere darstellen können:

  • 2.5.7 Dragging (AA) – Ziehbare Objekte müssen eine Alternative Bewegungsform für Zeigegeräte berücksichtigen.
  • 2.5.8 Target Size (Minimum) (AA) – Anklickbare Flächen müssen mindestens 24px mal 24px groß sein.
  • 3.2.7 Visible Controls (AA) – Erforderliche Informationen um eine Komponente zu identifizieren dürfen nicht alleine durch Mouse-Over oder Fokus eingeblendet werden.

Kognitive Aspekte

Die Barrieren, die aufgrund von Einschränkungen kognitiver Fähigkeiten entstehen, sind vielfach. Die Neuerungen in den WCAG 2.2 sind hingegen überschaubar:

  • 3.2.6 Konsistente Hilfe (A) – Wenn Hilfefunktionen innerhalb eines Satzes von Webseiten angeboten werden, dann müssen die Komponenten immer an der gleichen Stelle stehen.
  • 3.3.7 Accessible Authentication (A) – Kognitive Funktionstests müssen durch Mechanismen oder Tests ergänzt werden, die keine kognitive Funktionstests sind.
  • 3.3.8 Redundante Eingabe (A) – In einem Prozess müssen Nutzer bei der wiederholten Eingabe bereits eingegebener Daten unterstützt werden.

Es bleiben noch zwei

Es gibt schließlich noch zwei Erfolgskriterien, die benannt werden müssen. Das erste betrifft die Screenreadernutzung und das zweite betrifft die Änderung der Konformitätsstufe:

  • 2.4.13 Navigation per Seitenumbruch (A) – Wenn Seitenzahlen in einem Dokument referenziert werden, dann müssen die Seitenumbrüche mit Assistenztechnologien ansteuerbar sein.
  • 2.4.7 Fokus sichtbar (A) – Der sichtbare Fokus war bereits in den WCAG 2.0 und den WCAG 2.1 gefordert. In den WCAG 2.2 soll die Konformitätsstufe des Erfolgskriteriums von AA auf A geändert werden.

Ausblick

Die WCAG 2.2 ist als zweiter Schritt auf dem Weg von WCAG 2.0 zur WCAG 3.0 zu bewerten. Wann die WCAG 3.0 veröffentlicht wird, ist aktuell nicht klar.

Aktuell gelten die WCAG 2.1 fast überall auf der Welt als Maßstab für digitale Barrierefreiheit. Das ist in Europa und in Deutschland durch die Europäische Richtlinie 2016/2102 festgelegt. Ob die WCAG 2.2 auf gleicher Weise übernommen wird, hängt davon ab, wann eine neuere Fassung der EN 301549 im Amtsblatt der Europäischen Union als Mindestanforderung der digitalen Barrierefreiheit festgelegt wird.

Im Vergleich zu den Änderungen in den WCAG 2.1 gegenüber den WCAG 2.0 sind die Neuerungen in den WCAG 2.2 eher überschaubar. Die meisten neuen Erfolgskriterien füllen Lücken, die von anderen bereits vorhandenen Erfolgskriterien nicht vollständig abgedeckt wurden.

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