Kostenlose Screenreader  

1. Screenreader-Landschaft

Logo window eyes (Teil 1 von4)

Ein Screenreader – so deutet es der Name schon an – ist eine Software, die den Bildschirminhalt vorliest. Tatsächlich ist die Software wesentlich leistungsfähiger und bietet vor allem blinden Nutzern eine alternative Schnittstelle zum Computer – sowohl beim Lesen der Inhalte, Menüs und sonstigen Leisten als auch bei der Bedienung mit der Tastatur. Screenreader sind deutlich mehr als ein Vorleseprogramm und der Preis für eine solche Anwendung ist normalerweise beachtlich. Allerdings gibt es mittlerweile für fast alle Betriebssysteme kostenlose Alternativen.

Anfang 2014 ist der Screenreader Window Eyes kostenfrei geworden nach einer überraschenden Mitteilung über die Zusammenarbeit von Microsoft und GW Micro. Damit stehen zwei kostenfreie Screenreader blinden Windows-Nutzern zur Verfügung. Einen schonenden Einstieg zur Screenreader-Technologie bietet übrigens Eva Papst.

Dieser Beitrag hat vier Teile. In diesem ersten Teil biete ich eine Übersicht über die Screenreader-Landschaft. Im zweiten Teil geht es um die Frage, wie die Kostenträger in Deutschland mit der Situation umgehen könnten, da es jetzt schon zwei kostenfreie und leistungsfähige Screenreader für Windows gibt. Im dritten Teil werden Argumente aufgezählt, die für kostenpflichtige und kostenfreie Screenreader ausgetauscht werden können. Im letzten Teil geht es dann darum, ob Microsoft mit dieser Kooperation mit GW Micro einen Coup gelandet hat oder nicht.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch herzlich bei Simon Janatzek und den Herren vom FIT bedanken. Sie haben meine Aussagen kritisch gegengelesen und sind nicht immer einer Meinung mit mir.

Screenreader-Überblick für Windows

Obwohl es Screenreader für diverse Gerätetypen gibt, so geht es in diesem Beitrag um Screenreader für Rechner mit dem Windows-Betriebssystem. Im Gegensatz zu anderen Betriebssystemen gibt es für die Microsoft-Plattformen eine größere Auswahl an Screenreadern. In der Vergangenheit kosteten manche Screenreader so viel wie ein gebrauchter Kleinwagen, aber zwischenzeitlich geht der Trend eindeutig zu kostenfreien Alternativen. Die große Frage ist, ob diese Entwicklung positiv zu bewerten ist oder nicht.

Heute haben sich in Deutschland ungefähr fünf Screenreader für Windows-Betriebssysteme etabliert. Die drei gängigsten kostenpflichtigen Screenreader sind:

  1. Der Branchenprimus ist JAWS. Er ist verhältnismäßig leistungsstark im Internet und in Office-Produkten. Die Software wird weltweit vertrieben.
  2. Als zweiten kostenpflichtigen Windows-Screenreader gibt es Supernova, der vor allem durch seine Kombination mit Vergrößerungssoftware bekannt ist.
  3. In Deutschland ist Cobra ebenfalls recht gut verbreitet – ein Screenreader, der eine Verschmelzung der beiden älteren Screenreader Virgo und Blindows darstellt.

Dem gegenüber stehen zwei kostenlose Screenreader:

  1. Der sicher verbreitetste kostenfreie Screenreader ist NVDA. Diese Software ist zwischenzeitlich recht leistungsfähig und kann in vielen Situationen mit den kostenpflichtigen Screenreadern mithalten.
  2. Seit Mitte Januar wird ein vor allem in den USA verbreiteter Screenreader namens Window Eyes weltweit kostenfrei angeboten – sofern eine Lizenz für Microsoft Office 2010 oder höher vorliegt.

In der zweiten Liste fehlt der On-Board Screenreader „Narrator“ von Windows. Obwohl diese Anwendung keine Zusatzkosten bewirkt, so ist sie kein vollwertiger Screenreader. Narrator weist eingeschränkten Zugriff auf Inhalte auf. Er bietet außerdem keine Unterstützung für Braille-Zeilen, sondern lediglich für Sprachausgaben.

Andere Betriebssysteme

Es sollte auch auf Screenreader auf anderen Betriebssystemen hingewiesen werden: Mac OS X-Systeme werden seit fast 10 Jahren ab Werk mit VoiceOver ausgestattet, und für Linux gibt es Orca. Auch für mobile Geräte gibt es Screenreader, etwa TALKS für Symbian, Talkback für Android und ebenfalls VoiceOver für iOS. Schließlich gibt es diverse andere (auch geschlossene) Systeme bis hin zu Unterhaltungselektronik oder Haushaltsgeräte, die ebenfalls mit Screenreadern bzw. Sprachausgaben ausgestattet sind.

Marktanteile

Statistische Erhebungen über die Marktanteile von Screenreadern sind mir nicht bekannt; lediglich eine Umfrage, die vorwiegend von US-amerikanischen Nutzern beantwortet wurde, liefert einige Daten zu den häufig genutzten Screenreadern im Web.

Während noch vor wenigen Jahren unbestritten war, dass in Deutschland JAWS deutlich über 50% Marktanteil hatte, dürften heute Window Eyes, Supernova, Cobra und weitere Screenreader zusammen auf sehr vielen neuen Windows-Rechnern laufen. Bei erfahrenen Computernutzern dürfte der Anteil der JAWS-Nutzer bis heute immer noch die Mehrheit bilden. Verlässliche Zahlen gibt es allerdings nicht.

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