In der Dortmunder Innenstadt gibt es wie in jeder anderen Stadt auch zahlreiche Ampeln, die mit einem akustischen Signalgeber ausgestattet sind. Solche „Blindenampeln“ dienen dazu, Sehbehinderten und Blinden eine Orientierung im Straßenverkehr zu geben. Mit dem akustischen Signal können die Fußgängerüberquerungen aufgefunden bzw. der Ampelpfosten gefunden werden.
Die Blindenampel
Manche Blindenampeln wechseln den Ton, wenn die Fußgängerampel auf grün schaltet. Die meisten dieser Ampeln verfügen aber über ein zusätzliches Vibrationssignal, d.h. wenn die Fußgängerampel grün wird, vibriert der Kasten am Ampelpfosten. Blinde Fußgänger müssen also den Ampelpfosten erreichen, um Grünphasen der Ampeln zu erfahren.
Bestandsaufnahme auf der Kreuzstraße in Dortmund
Kurios bei diesen Ampeln ist aber, dass sie oft von Blinden gar nicht genutzt werden können, weil sie falsch eingestellt oder defekt sind. Welche Probleme es gibt, lässt sich in einem kurzen Abschnitt der Kreuzstraße in Dortmund aufzählen. Die vier Lichtsignalanlagen zwischen der Lindemannstraße und der Hohen Straße sind alle mehr oder weniger dauerhaft nicht nutzbar.
- Lindemannstraße Ecke Kreuzstraße: Die Überquerung der Lindemannstraße war auf der südlichen Seite in den letzten drei Jahren für Blinde nicht sicher, denn es gab kein Vibrationssignal bei grün. So musste ich mich an den Verkehrsfluss orientieren, um die stark befahrene Straße zu überqueren, was ich für mich alleine durchaus verantworten kann. Wenn ich aber meine Tochter aus der Kita abholte und dann mit der U-Bahn nach Hause fahren wollte, war ich gezwungen, die drei anderen Ampeln zu überqueren, um die U-Bahn-Haltestelle zu erreichen. Die kaputte Ampel habe ich übrigens in den letzten Jahren ein Dutzend Male bei den zuständigen Mitarbeitern des Tiefbauamts gemeldet – per Telefon, per E-Mail, indirekt über den Dortmunder Blindenverein und über den Vorgesetzten des zuständigen Mitarbeiters im Tiefbauamt. Seit ein Paar Tagen sind die Vibrationssignale endlich wieder funktionsfähig.
- Die nächste Ampelüberquerung ist an der Liebigstraße – eine einzelne Ampel über die Kreuzstraße und auf der kürzesten Strecke zwischen meiner Wohnung und der Kita. Vor über einem halben Jahr hatte ich dem Tiefbauamt erstmals gemeldet, dass der akustische Signalgeber auf der südlichen Seite nicht funktioniert, d.h. der Ampelpfosten war nur schwer auffindbar. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es ein gut hörbares Tackern und bei Grün wurde auf beiden Straßenseiten ein Vibrationssignal gegeben. Dennoch: Es passierte nicht selten, dass ich 2 oder gar 3 Grünphasen verpasste, weil ich den Ampelpfosten nicht finden konnte. So etwas ist sehr ärgerlich. Diese Ampelanlage hat ebenfalls in den letzten Tagen eine Reparatur erfahren und die südliche Ampel hat einen akustischen Signalgeber erhalten und ist somit auffindbar. Aber auf einmal funktioniert der akustische Signalgeber auf der nördlichen Seite nicht! Ob das miteinander zusammenhängt oder ob das ein Zufall ist? Mal schauen, wie oft das Tiefbauamt dieses Mal daran erinnert werden muss – ich habe aus zuverlässiger Hand erfahren, dass die zuständige Stelle keinerlei Protokoll der defekten Ampeln führt, was die zahlreichen Erinnerungen nötig macht. Es gibt übrigens noch ein Problem beim neuen akustischen Signalgeber: Das Piepen ist an einer Zeitschaltuhr gekoppelt und wird morgens erst um 9 Uhr eingeschaltet – bis dahin habe ich meine Tochter schon längst zur Kita gebracht und ich verweile im Büro oder zuhause.
- Die nächste Anlage ist am Vinckeplatz: Dort gibt es vier Überquerungen an der Ecke Kreuzstraße und sie verfügen alle über akustische Signalgeber und ebenso über Vibrationssignale. Nur: Die akustischen Signalgeber sind so leise eingestellt, dass man sie erst hört bzw. orten kann, wenn das Ohr an den Drücker gehalten wird, also nachdem der Pfosten gefunden wurde. Auch diesen Missstand habe ich dem Tiefbauamt in Dortmund mehrmals mitgeteilt. Die komplette Kreuzung ist seit langer Zeit für Blinde ohne Begleitung kaum passierbar.
- Schließlich kommt die große Kreuzung, wo die Hohe Straße den Anfang der Kreuzstraße markiert. Wie auf der Lindemannstraße fehlt es an der südlichen Teil der Kreuzung an Vibrationssignalen und eine Überquerung der Hohen Straße ist dort sehr riskant. Das liegt mitunter daran, dass Fußgänger hier zwei Querungshilfen für die Straßenüberquerung nutzen müssen. Als blinde Fußgänger sind die akustischen Signalgeber nicht auf die komplexere Überquerung optimiert und eine Ortung der einzelnen Ampelposten im üblichen lauten Straßenlärm kaum möglich. Hier ist also nicht nur ein Vibrationssignal nötig, sondern auch weitere Sicherheitsmaßnahmen, die eine Orientierung und Überquerung überhaupt erlauben würden.
Die Kreuzstraße ist keine Ausnahme
Die kurze Strecke auf der Kreuzstraße ist nur ein Beispiel für die Nachlässigkeit der Stadt Dortmund. Ich kenne kaum eine Strecke in der Innenstadt, wo nicht mindestens eine Ampel defekt ist. Und leider sind es nicht nur die Ampeln, die immer wieder zweckfrei eingesetzt werden, sondern die Leitstreifen sind oft so verlegt, dass sie für Blinde ebenfalls nicht nutzbar sind.
An die Folgekosten muss gedacht werden
Persönlich finde ich es bedenklich, dass die Stadt Blindenampeln einsetzt ohne die Folgekosten zu berücksichtigen. Es werden teure „blindengerechte“ Ampeln installiert, die aber falsch eingestellt sind oder vollständig defekt sind. Den Mitarbeitern ist die Reparatur oder richtige Einstellung und somit auch die Sicherheit der Bürger ganz offensichtlich nicht wichtig. Nicht selten musste ich nach der Feststellung einer „reparierten“ Ampel eine zweite Meldung machen, damit die Ampel auch nutzbar wurde. Offenbar werden außerdem keine Ersatzteile gehalten und kaputte Ampeln bleiben auch nach Meldung 6, 9 oder über 12 Monate in einem nicht nutzbaren Zustand. So zweifele ich natürlich auch an den Kompetenzen der beauftragten Firmen, aber selbstverständlich auch an der Kommunikation und der Qualitätssicherung der Stadt.
Es ist die Pflicht der öffentlichen Hand, gleiche Voraussetzungen für Nicht-Behinderte und Behinderte gleichermaßen zu schaffen. Auch wenn die Inklusion gemäß Abschnitt 3.8.4 des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung nicht für alle Verkehrsanlagen übernacht realisiert werden kann, so muss die Sicherheit im Straßenverkehr trotzdem an oberster Stelle stehen. Das erwarte ich von qualifizierten und engagierten Mitarbeitern.
Gute Nachrichten: Nachdem ich letzte Woche festgestellt habe, dass die Zeitschaltuhr an der Liebigstraße geändert wurde, habe ich gestern Morgen auch das erneute Tackern der gleichen Ampelanlage (nördliche Seite) vernommen.