Bringschuld für Software-Entwickler  

Die Accessibility-API in Betriebssystemen wird immer wichtiger

Stilisierte Veranschaulichung der Wechselwirkung eines Screenreaders zwischen Werkzeug und Anwendung.

In meinem vor zehn Tagen veröffentlichten Beitrag zu HTML5 und WAI-ARIA hatte ich einleitend geschrieben, dass Screenreader zunehmend ihre Daten von der Accessibility API des Betriebssystems beziehen, auch wenn die kommerziellen Screenreader nach wie vor auf das Off-Screen Model setzen. Letzte Woche hat Heiko Folkerts über aktuelle Entwicklungen bei Screenreadern gebloggt und u.a. darauf hingewiesen, dass Screenreader zunehmend gar nicht anders können, als die Accessibility API auszuwerten.

In seinem Beitrag Screenreader im Wandel der Zeit spricht Heiko verschiedene Themen an, etwa Webanwendungen mit WAI-ARIA, die Bedienung von Tablets oder virtuellen Rechnern. Interessant fand ich insbesondere seine Äußerungen zu den sich grundlegend ändernden Informationsquellen für Screenreader. Zusammenfassend gibt es zwei Entwicklungen, die die Screenreader-Technologie derzeit auf den Kopf stellt:

  1. In der Vergangenheit setzten Screenreader auf das Off-Screen Model. Anhand von Daten, die an die Grafikkarte geschickt wurden, und weitere Kommunikation zwischen einer Anwendung und dem Betriebssystem konnten Screenreader ein Bedienkonzept für Sprachausgabe und Braille-Zeile ableiten. Heiko erklärt dazu, dass die Frameworks für Software-Entwicklung zwischenzeitlich eigene Techniken nutzen, um Inhalte auf den Bildschirm zu bringen und dass das Off-Screen Model deshalb oft gar nicht mehr funktioniert.
  2. Gleichzeitig werden die Accessibility APIs immer weiterentwickelt, etwa MSAA auf Windows-Systemen. Mit den Frameworks für Software-Entwicklung werden Möglichkeiten geschaffen, den „Barrierefreiheitsbaum“ (accessibility tree) mit Informationen zu füttern, die dann von der Anwendung zuverlässig an die Accessibility API des Betriebssystems weitergeleitet werden, von wo aus sie vom Screenreadern abgeholt und zu einem Bedienkonzept verarbeitet werden.

Während in der Vergangenheit Screenreader die Daten zusammensuchen mussten, müssen sie sich in Zukunft auf das verlassen, was eine Anwendung an die entsprechende Betriebssystemschnittstelle liefert. Von der Hol-Schuld des Screenreaders wird also zunehmend eine Bring-Schuld der Software-Entwicklung.

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