Rubik’s Cube blind lösen  

Ein Do-It-Yourself-Ansatz für den 2×2 Zauberwürfel

Zwei 4 mal 4 Rubikswürfel mit aufgeklebten, durchnummerierten Markierungen.

Letztens bin ich 50 geworden und habe eingeladen. Mein Freund Holger aus Studentenzeiten kam mit seiner Familie, und sie schenkten mir unter anderem einen Zauberwürfel mit Anleitung. Das besondere an diesem Geschenk war, dass Holger sich einige Gedanken gemacht hat, wie ich als Blinder den Würfel lösen kann.

Den Zauberwürfel mit 9 Steinen pro Seite konnte ich bereits als Jugendlicher lösen – sehend wie ich damals war. Der neue Würfel hat lediglich vier Steine pro Seite und ist wesentlich einfacher zu lösen als der klassische Rubik’s Cube mit 3×3 Flächen pro Seite. Dennoch stellt die Lösung des kleineren Würfels im Originalzustand eine unüberwindbare Hürde für mich dar, denn alle 24 Flächen fühlen sich doch gleich an.

Für Blinde gibt es Zauberwürfel mit haptischen Flächen, d.h. jede Farbe erhält zusätzlich ein fühlbares Zeichen. Das macht den Würfel zwar auch für Blinde lösbar, aber ehrlich gesagt ist das schon ein gefummel.

Rubikwürfel mit haptische Oberfläche, jede Farbe hat ein anderes Muster.

Für den 3×3 Würfel macht das Sinn, aber für den 2×2 Würfel hat Holger einen praktischen Ansatz gefunden, bei dem nur acht Flächen haptisch markiert werden.

Mein Würfel hat fühlbare Erhebungen nur auf zwei Seiten. Auf der weißen Fläche sind (im Uhrzeigersinn) die Steine mit einem, mit zwei, mit drei und mit vier Punkten markiert. Es handelt sich um verschiedene, aufklebbare Braille-Buchstaben – was aber nicht das Wesentliche ist. Wichtig ist die festgelegte Reihenfolge der Steine. Auf der gegenüberliegenden Seite – die gelbe Seite – werden die Steine mit fünf bis 8 Punkten beklebt. Im gelösten Zustand addieren sich die gegenüberliegenden Punkte jeweils zu neun, d.h. die acht Punkte liegen unter dem einen Punkt oder die fünf Punkte liegen unter den vier Punkten.

Drei Schritte zur Lösung

Die Lösung erfolgt in drei Schritten:

  1. Zunächst muss die weiße Fläche zusammengewürfelt werden. Wichtig ist nur, dass die Anordnung der Punkte im Uhrzeigersinn aufsteigend ist.
  2. Anschließend müssen die unteren gelben Steine in die richtige Position gebracht werden. Zum Beispiel muss der Stein mit fünf Punkten unterhalb dem Stein mit vier Punkten liegen oder der Stein mit acht Punkten muss unterhalb des Steins mit einem Punkt liegen. Bis hier hin ist die nach oben zeigende, weiße Fläche ja gelöst, aber die gelben Flächen zeigen nicht unbedingt nach unten.
  3. Schließlich müssen die gelben Flächen in die richtige Lage gebracht werden. Hierfür gibt es eine Drehfolge, die einen Stein dreht. Zeigen alle gelben Steine in die gleiche Richtung ist der Würfel mehr oder weniger gelöst.

Drehfolgen

Für den ersten Schritt – die weiße Fläche zusammen drehen – sollte keiner eine Anleitung brauchen. Wer keinen Spaß daran hat, diese eher intuitive Aufgabe zu lösen, wird mit den restlichen Drehungen ebenfalls keinen Spaß haben.

Für den zweiten und dritten Schritt möchte ich eine Konvention festlegen. Wenn der Würfel eine bestimmte Ausrichtung hat (z.B. „weiße Farbe nach oben, die zu vertauschenden Steine zeigen zum Körper“), dann bedeutet „oben mit“, dass die weiße Seite im Uhrzeigersinn gedreht wird. Folgende Drehungen sind darüber hinaus erforderlich:

Vorne mit/gegen:
Drehung der zum Körper zeigende Seite im/gegen den Uhrzeigersinn
Rechts mit/gegen:
die nach rechts zeigende Seite im/gegen den Uhrzeigersinn drehen
unten mit/gegen:
die nach unten zeigende Seite im/gegen den Uhrzeigersinn drehen

Nachdem die weiße Fläche gelöst ist, müssen folgende zwei Schritte befolgt werden.

Schritt 2: Untere Steine in die richtige Position bringen

Wenn die weißen Flächen nach oben zeigen und der Stein mit den fünf Punkten unterhalb des Steins mit vier Punkten liegt, gibt es folgende möglichen Ausgangssituationen:

  • Die Steine mit sechs, sieben und acht Punkten liegen bereits an der richtigen Position. In diesem Fall kann gleich zu Schritt 3 gegangen werden.
  • Der Stein mit sechs Punkten ist ebenfalls richtig, die Steine mit sieben und acht Punkten müssen getauscht werden.
  • Der Stein mit sieben Punkten ist richtig, aber die Steine mit sechs und acht Punkten sind in der falschen Position. Es gibt vermutlich eine Abkürzung, aber der Weg ist zunächst, die Steine mit sechs und sieben Punkten, dann die Steine mit sechs und acht Punkten und schließlich die Steine mit sieben und acht Punkten zu vertauschen.
  • Der Stein mit acht Punkten ist richtig, die Steine mit sechs und sieben Punkten müssen getauscht werden.
  • Keiner der drei übrigen Steine hat die richtige Position. In diesem Fall sollte zum Beispiel der Stein mit sechs mit dem Stein mit acht Punkten getauscht werden, wodurch die sechs in die richtige Position kommt, und anschließend müssen die Steine mit sieben und acht Punkten vertauscht werden.

Die folgenden Drehungen für einen Tauschvorgang setzen voraus, dass die weiße Fläche nach oben zeigt und die beiden unteren und zu vertauschenden Steine zum Körper zeigen. Die beiden Steine werden wie folgt vertauscht:

  1. vorne gegen
  2. unten gegen
  3. vorne mit
  4. unten mit
  5. rechts mit
  6. vorne mit
  7. rechts gegen

Natürlich kann die Schrittfolge einfach auswendig gelernt werden. Ich finde es aber hilfreich, den zum Körper zeigenden Stein links unten „im Blick“ zu halten. Dieser Stein muss ja mit dem zum Körper zeigenden Stein unten rechts vertauscht werden.

Schritt 3: Untere Steine in die richtige Lage bringen

Um den dritten Schritt zu vollziehen, ist es praktisch, den Würfel auf den Kopf zu stellen, so dass die weiße Seite nach unten zeigt. Die weiße Seite ist immer noch intakt. Jetzt sollte festgestellt werden, welche der gelben Flächen nach oben zeigen und welche nicht.

Sofern nicht alle gelben Flächen nach oben zeigen, sollte der Würfel so gedreht werden, dass ein Stein mit einer falsch ausgerichteten gelben Fläche rechts oben auf der zum Körper zeigende Seite liegt. Dabei ist es unwichtig, ob die gelbe Fläche nach vorne oder nach rechts zeigt. Die folgenden Drehungen müssen dann entweder zwei oder vier Mal wiederholt werden, bis die gelbe Fläche nach oben zeigt (nicht verwirren lassen, wenn zwischenzeitlich eine weiße Fläche nach oben zeigt):

  1. rechts gegen
  2. unten gegen
  3. rechts mit
  4. unten mit

Wie gesagt, die Abfolge von Drehungen ist zwei oder vier Mal zu wiederholen – abhängig davon, wohin die gelbe Fläche zuvor gezeigt hat.

Anschließend muss „oben mit“ gedreht werden, bis wieder eine gelbe Fläche auf der zum Körper zeigenden Seite oben rechts ist, aber in falscher Lage. Die Drehfolge wird dann wiederholt. Gegebenenfalls wird „oben mit“ weitergedreht und nochmals wiederholt.

Wenn die gelben Flächen alle nach oben zeigen, muss oben nur so lange gedreht werden, bis die acht Punkte über dem einen Punkt, sieben Punkte über die zwei Punkte, sechs Punkte über die drei Punkte und fünf Punkte über die vier Punkte liegen. Der Würfel ist gelöst!

Merci

Geburtstagsgeschenke sind so eine Sache. Was die Socken meiner Oma vor 30 Jahren waren sind heute eine Flasche Wein oder ein Hörbuch. Nicht dass ich sowas ablehne – im Gegenteil: Eine gute Flasche Wein oder ein spannendes Hörbuch machen mir durchaus sehr viel Freude, aber die „Halbwertzeit“ der Freude ist verhältnismäßig kurz. Der Zauberwürfel hat mich eine ganze Weile beschäftigt und tut es immer noch, und das macht den Unterschied aus.

Was mich besonders an den Würfel fasziniert hat, ist das nur die wesentlichen Merkmale für das haptische Erlebnis ausgearbeitet wurden. Die Nummerierung ist praktisch ein Teil der Lösung und im 2×2 Würfel sind es tatsächlich nur acht Flächen, die regelmäßig befühlt und identifiziert werden müssen – der Rest fügt sich ganz von alleine zusammen.

Nun, ich treffe den Holger wieder im Mai an der Nordsee. Vielleicht, aber nur vielleicht hat er einen weiteren Ansatz für den 3×3 Würfel – ich hätte da so eine Idee.

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