Rezension  

Barrierefreiheit im Internet: ein Handbuch für Redakteure

Abbildung mehrerer Bücher mit Text Neuerscheinung sowie Titel und Autor

Über die Gestaltung barrierefreier Webseiten gibt es wenige Bücher in deutscher Sprache. Eine gelungene Einführung in das Thema hat Ende 2013 Domingos de Oliveira veröffentlicht.

Allgemeiner Eindruck

Das Buch ist lebendig geschrieben, lässt sich in weniger als zwei Stunden lesen und stellt eine gute Einführung für diejenigen Webworker dar, die mit Konzeption und Management von Webprojekten befasst sind. Die ersten drei Kapitel sind eindeutig einleitend. Im vierten Kapitel wird barrierefreies Webdesign im Kontext anderer Disziplinen erklärt. Handlungsanweisungen für die tägliche Arbeit werden im fünften Kapitel aufgeführt und im sechsten Kapitel werden einige weitere Tipps zur Einführung in eine Organisation geboten.

Im Gegensatz zum Buchtitel hatte ich allerdings nicht den Eindruck, dass das Buch speziell an Redakteure gerichtet ist. Die Inhalte des fünften Kapitels beschränken sich zwar auf Inhalte, die tagtäglich von Online-Redaktionen online gestellt werden, aber es finden sich genug Abschnitte, die die Webentwicklung oder den Schulungsbedarf ansprechen. Das sechste Kapitel – was mir übrigens am besten gefallen hat – ist definitiv an das Management gerichtet. Dennoch: Das Buch ist sehr wohl auch, aber nicht nur an Redakteure gerichtet.

Was mir gefallen hat

Barrierefreies Webdesign ist ein sehr vielfältiges oder gar komplexes Thema. Nicht umsonst zitiere ich gerne einen Barrierefreiheits-Experten als er anlässlich der Veröffentlichung meines eigenen 800-seitigen Buchs über barrierefreies Webdesign meinte, das Thema sei darin hervorragend zusammengefasst. Domingos de Oliveira geht da deutlich weiter und präsentiert das Thema auf weniger als 200 Seiten ohne erwähnenswerte Sachverhalte wegzulassen. Viele Dinge werden schlicht erklärt und die Selbstverständlichkeit, wie barrierefreies Webdesign umgesetzt werden kann, wird dem Leser in lockerem Schreibstil nahe gebracht.

Interessanterweise kommt das Buch komplett ohne Code aus. Ich bewerte das (unter Berücksichtigung des Buchtitels) positiv. De Oliveira verzichtet auf die Auslegung von Richtlinien und die sozialwissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aspekte. Er schreibt, wie es ist, erklärt die Themen verständlich und auf den Punkt gebracht und bereitet Webworkern damit einen einfachen Einstieg in barrierefreies Webdesign.

Was mir weniger gefallen hat

Es gibt nur zwei Aspekte, die mir nicht so positiv aufgefallen sind:

  1. An einigen Stellen fehlt die notwendige Tiefe, was sowohl die Umsetzung als auch die Prüfung der Barrierefreiheit angeht. Sätze wie „Sorgen Sie dafür … dass es barrierefrei ist.“ Tauchen an verschiedener Stelle auf. Das muss kein Manko für die Zielgruppe sein, denn das Buch dürfte nach meiner Ansicht viele Webworker trotzdem motivieren. Dennoch: Manchmal sind die Appelle oder Schlussfolgerungen zu einem Thema nicht konkret genug.
  2. Manche Abschnitte sind inhaltlich nicht auf einem aktuellen Stand. Besonders aufgefallen ist mir das im Abschnitt über PDF. Vor wenigen Jahren hätte ich zugestimmt, dass das Lesen von PDF im Screenreader problematisch ist, aber heute würde ich sogar sagen, dass PDF mit HTML ebenbürtig ist – die Barrierefreiheit vorausgesetzt.

Diese Kritikpunkte sind nicht entscheidend. Ich finde es bemerkenswert, dass es in einer Lektüre dieser Kürze gelingt, viele Kernpunkte der Barrierefreiheit zu bündeln und sie als erreichbare Ziele darzustellen.

Empfehlung

Wer noch nicht zuhause ist im barrierefreien Webdesign, sollte dieses Buch als Einführung in die Thematik lesen. Die Erlebniswelten sind gut beschrieben und der Autor hält sich bei keinem Thema zu lange auf. Die angesprochenen Themen sollten fast jedem Webworker in der einen oder anderen Form bekannt sein; sie werden hier um die Facette der Barrierefreiheit ergänzt.

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